Als 2012 eine Gruppe Engagierter auf mich zukam und fragte, ob ich Gut Wegscheid für eine Solawi zur Verfügung stellen würde, konnte ich nur mit „Sola-was?“ antworten – denn ich hatte noch nie von diesem Konzept gehört.
Seit 2012 ist viel auf Wegscheid passiert, und mittlerweile ist uns klargeworden, dass das Konzept der Solawi ein ganz Altes ist. Gemeinschaftlich Lebensmittel zu produzieren, sich Ernte und Risiko zu teilen – so wurde Landwirtschaft jahrtausendelang gelebt. Was für uns Heutige dazukommt ist, dass wir im Allgemeinen die Verbindung zu unseren Lebensgrundlagen verloren haben („Kühe sind lila“) und viele danach suchen, diese wiederzubeleben und strukturell auf eine neue Art zu etablieren.
Für mich ist der Grundsatz einer Solawi der Folgende: Ein Landwirt/ein Gärtnerkollektiv bekommt die Möglichkeit, ihrem Beruf auf anständige Weise nachzugehen, Pflanzen und Boden respektvoll zu behandeln, auch mal unwirtschaftlich zu handeln (im Sinne des Größeren) – und wird angemessen dafür bezahlt. Die AbnehmerInnen tragen Risiko in vertretbarem Maße mit und bekommen im Gegenzug dazu die Möglichkeit, mitzuwirken, am Hofleben teilzunehmen, sich über die Solawi zu begegnen und zusammenzuschließen und nach Lust und Fähigkeit mitzuwirken und zu -lernen.
Wie funktioniert nun eine Solawi?
Wolfgang Stränz vom Buschberghof hat es so formuliert:
„Die Lebensmittel verlieren ihren Preis und erhalten so ihren Wert zurück“
Mathias von Mirbach vom Kattendorferhof fügt noch eine Portion Schalk dazu:
„Die erste Möhre kostet 300.000 Euro, und den Rest gibt’s umsonst“
Grundsätzlich kann man sagen, dass es drei Typen von Solawi gibt. Jede steht für sich, inhaltlich unterscheiden sie sich aber stark voneinander. (Eine genauere Beschreibung der drei Typen von Solawi gibt es hier).
- Typ I beruht auf Einzelverträgen zwischen Landwirt und Abnehmern und lässt sich am besten mit den Stichworten „Grüne Kiste mit gemeinsamem ideellen Anliegen und geteiltem Risiko“ beschreiben.
- Typ II beruht auf einer gemeinschaftlichen Struktur (Verein, Genossenschaft …), die mit dem Landwirt/den GärtnerInnen einen Kooperationsvertrag eingeht; hier ist die Verbindung der AbnehmerInnen zum Projekt viel intensiver (Mitbestimmung und gemeinschaftliche Mitarbeit zusätzlich zum geteilten Risiko).
- Bei Typ III dagegen ist der Verein/die Genossenschaft bzw. selbst die Unternehmerin und trägt zusätzlich zum Ernterisiko auch das unternehmerische Risiko. Sie ist verantwortlich für die gesamten Betriebsabläufe und alles, was im Betrieb geschieht. Hier sind die AbnehmerInnen sozusagen alle zusammen MitunternehmerInnen.
Für Gut Wegscheid wünsche ich, wünschen wir uns eine Solawi, die Typ II oder Typ III entspricht. Der Hof, seine stadtnahe Lage, der Rückhalt in der Gemeinschaft bieten eine ideale Basis dafür.
Zudem bin ich überzeugt, dass Aachen im Falle eines Falles auch Raum für zwei Solawis bieten würde. Die Interessen liegen unterschiedlich, Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, sich zu beteiligen – warum also nicht?